KELAINAI - APAMEIA KIBOTOS

Nur äußerst wenige Baureste stehen im Bereich der Stadt noch aufrecht: Neben mehreren stark dezimierten Komplexen (Resten eines Brunnenbaus, Ruinen byzantinischer Kirchen, eine Exedra, Teile der byzantinischen Stadtbefestigung) konnten insbesondere die Baureste des Theaters und des Stadions bisher eingehender untersucht werden.
Darüber hinaus sind etliche Bauteile dokumentiert und in einem Inventar erfasst, von denen weiterreichende Informationen zur Bebauung der antiken Stadt zu erwarten sind.

Die Bauteile wurden entweder im Rahmen der Stadtprospektion aufgefunden oder sie wurden im Lauf der letzten Jahre, insbesondere seit dem großen Erdbeben von 1995 von der Stadtverwaltung in Dinar in diversen Depots zusammengetragen, wo sie bis heute weitgehend unbeachtet liegen. Das Inventar umfasst gegenwärtig 78 Bauteile, darunter 6 dorische und ionische Kapitelle aus hellenistischer bis byzantinischer Zeit, 12 Säulenbasen, 38 Säulentrommeln sowie mehrere Gesimsstücke. Sämtliche Stücke finden sich im Inventar zumindest mit einer knappen Beschreibung und ihren Hauptmaßen wieder. Die aussagekräftigeren Bauteile wurden im Maßstab 1 : 5 gezeichnet. Das Inventar gibt bereits jetzt ein reiches Repertoire hellenistischer und kaiserzeitlicher Architekturformen wieder, wobei auch hier - wie bereits im Zusammenhang mit der Architektur des Theaters - die großformatigen und das Gesamtbild dominierenden Stücke aus hellenistischer bis etwa augusteischer Zeit stammen. Sie sind aus hartem Kalkstein hergestellt im Gegensatz zu den kaiserzeitlichen Bauteilen, die aus Marmor bestehen. Letztere zeigen eine hohe handwerkliche Qualität bei verhältnismäßig kleinen Dimensionen.

Mehrere Bauteile lassen sich nach ihren gemeinsamen Herkunftsbauten zusammenfassen.

Viele Bauteile einer dorischen Ordnung – Säulen, Kapitelle und ein Geisonfragment – wurden im Bereich des Stadions und des Stadtzentrums geborgen und könnten nach Fundort, Art und Größenordnung zur antiken Agora der Stadt gehört haben. Der untere Säulendurchmesser von 81 cm lässt auf etwa 6 m hohe Säulen schließen. Die Säulen haben Torusbasen und weisen somit ein ionisches Element in der ansonsten rein dorischen Ordnung auf. Die Einzelformen der Kapitelle lassen eine relativ späte Entstehung des Baus im 1. vorchristlichen Jahrhundert vermuten. Interessanterweise wurden fast alle Kapitelle zu Fußbodenplatten umgearbeitet, lediglich ein Stück ist ganz erhalten, das sich allerdings durch seine leicht unterschiedlichen Detailformen als nachträgliche, vermutlich spätantike Arbeit zu erkennen gibt.

Ein weiterer Großbau ist durch 19 ionische Säulentrommeln und ein dazugehörendes Kapitell belegt. Die Säulenordnung muß mit mindestens 10 m Höhe äußerst stattlich gewesen sein – sie könnte zu einem Tempelbau oder einer äußerst repräsentativen Hallenarchitektur der frühen Kaiserzeit gehört haben.

Ein letzter, bisher noch nicht näher untersuchter Bauteilkomplex, zeugt von einem Rundbau von etwa 5 m Durchmesser. Möglicherweise handelt es sich um einen Grabbau.


Das Theater

Das Theater befindet sich am Westabhang des großen Siedlungshügels (Üçlerce) im Areal A. Der Großteil des vormaligen Zuschauerraums liegt in einer Mulde, die sich nach Westen zu öffnet. Schätzungsweise 10000 Personen fasste das Theater.
Der Bau war in den 80er Jahren in einer Notgrabung durch das Museum von Afyon teilweise freigelegt und in einem kurzen Vorbericht publiziert worden (Topbaş 1993). Während die Sitzstufen der Cavea bis auf Fundamente ausgeraubt zu sein scheinen, ist von den Grundmauern der Skene soviel erhalten, dass ihre Struktur erkennbar blieb. Die Fundamente der Skene sind in den Hang gebaut und aus mörtellosem Bruchsteinmauerwerk errichtet. Vor der Skene liegt, noch fast vollständig erhalten, das Plattenfundament des Proskenion. Zwei Triglyphenblöcke und ein Geison geben zusätzliche Aufschlüsse über den Aufbau des Proskenion: Es handelt sich um ein dorisch-ionisches Mischgebälk, das von seinen Architekturformen her in den späten Hellenismus zu weisen ist. Auch das verwendete Material – fester, gelblicher Kalkstein – legt nahe, dass der Bau noch vor der Kaiserzeit errichtet wurde. Zwischen den Fundamenten des Proskenion und der Skene liegt ein weiterer, rund 80 cm breiter Fundamentstreifen, der mehrere breite Öffnungen aufweist. Er dürfte einer späteren, kaiserzeitlichen Umbauphase entstammen, als das Proskenion – wie in vielen anderen hellenistischen Theatern in Kleinasien auch – durch einen mehrstöckigen Scaenefrons ersetzt. Möglicherweise wurde das hellenistische Säulenfundament durch die vordersten Teile des Scaenefrons mitbenutzt. Es ist bemerkenswert, dass das späthellenistische Theater an dieser exponierten Stelle in der Kaiserzeit nicht grundlegend modernisiert oder durch einen Neubau ersetzt wurde.


Das Stadion

Das Stadion lag in mitten der heutigen Stadt Dinar, am Südabhang des Toptepe. Teile der Ruine wurden ebenfalls im Zuge von Notgrabungen durch das Museum von Afyon in den 1980er Jahren freigelegt. Die Stufen fanden sich auf einem privaten Grundstück, an das sich auf drei Seiten rezent bebaute Hausgrundstücke anschließen. Da nach den Grabungsarbeiten das leere Grundstück als Müllhalde verwendet worden war, waren zu Beginn unserer Untersuchungen nur noch wenige Stufen des Baus zu sehen. Vor Beginn der Aufnahmearbeiten musste daher das Areal, mithilfe der Gemeinde Dinar, von mehreren Tonnen Unrat befreit werden. Die Arbeiten sollten nicht nur die Aufnahme und Untersuchung der sichtbaren Stufen erleichtern, sondern auch den freien Blick auf die Stadionstufen ermöglichen und damit eine höhere Wertschätzung des Monuments unterstützen. Es ist geplant, einige beschädigte Blöcke, die in den vergangenen Jahrzehnten im Rahmen einer neuzeitlichen Kanaldurchführung durch das Areal entfernt worden waren, zu restaurieren und wieder an ihren Platz zu setzen. Das Grundstück soll in eine abgesperrte aber für interessiertes Publikum zugängliche Grünfläche umgewandelt werden. Ein entsprechendes Konzept wird derzeit in Zusammenarbeit mit dem Museum von Afyon und der Gemeinde Dinar erarbeitet.

Die erhaltenen Stufen des Stadions wurden im M 1:25 in Grundriss und Schnitten aufgenommen, das davorliegende Areal geophysikalisch prospektiert (s.o.). Offenbar handelt es sich um einen Ausschnitt der Sitzstufenanlage nah an deren ehemaligen nord-östlichen Ende. Weitere Stufen, die in der kommenden Kampagne aufgenommen werden sollen, wurden rund 50 m südwestlich davon, in einem schmalen Bereich zwischen zwei modernen Häusern gefunden.

LEITUNG

Dorisches Kapitell

Ionisches Kapitell

Theater, Situationsplan

Theater, freigelegter Bereich

Die Stadionstufen

Löwenpranke an der Stadiontreppe

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